Nachweis der Erfolge durch handschriftliches Testament?

Ergibt sich aus einem notariell beurkundeten Erbvertrag oder Testament nicht eindeutig die Erbfolge, so musste der Erbe bisher einen ihn als Erbe ausweisenden Erbschein vorlegen.

Mit der Entscheidung des BGH (Urt. vom 05.04.2016 – XI ZR 440/15) wird man wohl die bisherige Praxis nicht mehr so aufrechterhalten können.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger waren durch handschriftliches Testament als Erben eingesetzt. In der Erbmasse befanden sich auch Kontoverträge bei einer Bank, der Beklagten. In diese Kontoverträge sind die Kläger als Erben gemäß §§ 1922 Abs. 1, 2032 BGB kraft Universalsukzession eingetreten. Die Kläger legten der Beklagten das eröffnete handschriftliche Testament vor und baten um Freigabe der Konten. Dies lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Kläger müssten einen Erbschein als tauglichen Erbnachweis vorlegen. Diesen reichten die Kläger der Beklagten nach und forderten sodann von dieser Erstattung der Gerichtskosten für die Erteilung des Erbscheins.

Der BGH gab den Klägern Recht und verurteilte die Beklagte auf Erstattung der Gerichtskosten für die Erteilung des Erbscheins nach § 280 Abs. 1 BGB. Der BGH sah hier eine Verletzung der Leistungstreuepflicht durch die Beklagte. Aus der Leistungstreupflicht folge die generelle Verpflichtung, den Vertragszweck und den Leistungserfolg weder zu gefährden noch zu beeinträchtigen. Dagegen habe die Beklagte verstoßen, indem sie zu Unrecht die Vorlage eines Erbscheins als Erbnachweis gefordert habe und nicht das handschriftliche Testament nebst Eröffnungsprotokoll habe ausreichen lassen.

Ein gesetzlich geregelter Fall, wie etwa § 35 Abs. 1 GBO, nach der die Erbfolge grundsätzlich durch einen Erbschein nachgewiesen werden müsse, liege nicht vor. Neben den gesetzlichen Sonderregelungen könne der Erbe neben dem Nachweis durch ein öffentliches Testament auch ein handschriftliches Testament vorlegen, um sich als Erbe zu legitimieren. Die Bank habe zwar ein nachvollziehbares Interesse an den Gutglaubenswirkungen der §§ 2366, 2367; ein schutzwürdiges (vorrangiges) Interesse habe die Bank jedoch nicht.

Zwar habe eine beglaubigte Abschrift eines handschriftlichen Testaments nebst beglaubigter Abschrift des Eröffnungsprotokolls nicht diejenigen Wirkungen, die ein öffentliches Testament habe. Doch rechtfertige dies nicht die generelle Weigerung der Bank, ein handschriftliches Testament als Erbnachweis anzuerkennen. Nur bei konkreten und begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der durch das handschriftliche Testament verbrieften Erbfolge sei die Bank berechtigt, ergänzende Erklärungen des oder der Erbprätendenten einzuholen oder einen Erbschein vorlegen zu lassen.

 

Fazit:

Nach der Entscheidung des BGH kann nicht pauschal beantwortet werden, wann ein Erbschein obsolet ist und das handschriftliche Testament als Erbnachweis genügt. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Nur bei konkreten und begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der durch das handschriftliche Testament verbrieften Erbfolge ist die Bank berechtigt, ergänzende Erklärungen des oder der Erbprätendenten einzuholen oder einen Erbschein vorlegen zu lassen. Durch diese Entscheidung ändert sich jedoch die Rechtslage im Grundbuchbereich nicht. Nach § 35 Abs. 1 GBO muss grundsätzlich ein Erbschein vorgelegt werden, es sei denn, ein nach der Rechtsprechung des BGH ausreichendes öffentliches Testament liegt als geeigneter Erbnachweis vor. Ein handschriftliches Testament genügt den Anforderungen des § 35 Abs. 1 GBO nicht.

Anmerkung: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt auch keine individuelle Beratung durch einen Notar oder Anwalt im jeweiligen Einzelfall!