Meistgebot in der Zwangsversteigerung als Grundlage für Höhe der Grunderwerbssteuer
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seiner Entscheidung vom 02.03.2016 (II R 27/14) der Frage nachzugehen, ob beim Erwerb einer Eigentumswohnung im Rahmen einer Zwangsversteigerung das den Zuschlag erhaltende Meistgebot als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbssteuer dient; oder ob das Meistgebot um eine etwaig bestehende Instandhaltungsrücklage zu kürzen ist, so dass die Grunderwerbssteuer geringer ist.
Der BFH war bisher im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Veräußerung einer Eigentumswohnung der Auffassung, dass die auf die jeweilige Wohnung „angesparte“ Instandhaltungsrücklage vom Kaufpreis abzuziehen ist und sich die Höhe der Grunderwerbssteuer nach dem um die Rücklage „gekürzten“ Kaufpreis zu richtet.
Der BFH hatte in dem oben genannten Urteil entscheiden, dass dies nicht auf den Erwerb einer Wohnung in der Zwangsversteigerung übertragbar sei.
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbssteuer ist nach § 8 Abs. 1 GrEStG grundsätzlich der Wert der Gegenleistung. Bei einem Erwerb im Rahmen einer Zwangsversteigerung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG) gelte gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG als Gegenleistung das Meistgebot einschließlich der Recht, die nach der Versteigerung bestehen bleiben.
Die (anteilige) Instandhaltungsrücklage sei kein vom Grundstück getrenntes Erzeugnis oder sonstiger Bestandteil im Sinne der §§ 954 ff. BGB. Nur diese könnten von der Gegenleistung abgezogen werden. Die Instandhaltungsrücklage sei Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentumsgemeinschaft. Dieses gehöre nicht dem von der Zwangsversteigerung betroffenen Wohnungseigentümer.
Selbst bei einem Wechsel des Eigentümers einer einzelnen Wohnung verbleibt die Instandhaltungsrücklage im Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft, welche von dem einzelnen Wohnungseigentümer ein selbstständiges Rechtssubjekt sei. Auch die kraft Gesetztes durch Zwangsversteigerung übergehende Mitgliedschaft an der Eigentümergmeinschaft auf den Erwerber könne nicht allein Gegenstand einer gesonderten Zwangsvollstreckung sein. Somit geht auch nicht automatisch die Instandhaltungsrücklage auf den Ersteher über, sondern verbleibe beim Rechtsträger der Wohnungseigentumsgemeinschaft.
Hat die Rechtsprechung nun auch Auswirkungen auf den Erwerb einer Wohnung durch Kaufvertrag?
Der BFH hat diese Frage offen gelassen. Bisher war es ständige Praxis, dass die Finanzämter im Rahmen der Berechnung der Grunderwerbssteuer vom Kaufpreis die Instandhaltungsrücklage abgezogen haben.
Es bleibt daher abzuwarten, ob der BFH und die Finanzverwaltung die oben genannte Rechtsprechung auch auf Wohnungsverkäufe ausweiten wird. Wäre dies der Fall, könnte eine Instandhaltungsrücklage nicht mehr im Rahmen der Berechnung der Grunderwerbssteuer vom Kaufpreis abgezogen werden.
Anmerkung: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt auch keine individuelle Beratung durch einen Notar oder Anwalt im jeweiligen Einzelfall!