Rechtsprechung zum Grundstücksrecht: Wann ist § 566 Abs. 1 BGB analog anwendbar?

Der BGH hatte in seiner Entscheidung (Urt. v. 12.07.2017 – XII ZR 26/16) über die Frage zu entscheiden, ob § 566 Abs. 1 BGB auch dann (analog) anwendbar ist, wenn zwischen Vermieter und Veräußerer des Grundbesitzes keine Identität besteht.

Der Entscheidung des BGH lag (vereinfacht) folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Vermieter des in Frage stehenden Kaufobjekts, welcher nicht mit dem Eigentümer identisch war, hatte die Geschäftsräumlichkeiten an den Mieter mit einer Laufzeit von 5 Jahren vermietet. In den Mietverträgen war für den Mieter eine Verlängerungsoption von jeweils 5 Jahren vereinbart worden. Der Mieter übte diese Option mehrfach aus. Die Vermieterin hatte die Mietverträge auf Anweisung des Eigentümers geschlossen. Die Immobilienverwaltung und die Einziehung der Miete erfolgten durch die Eigentümerin des Grundstücks. Die Eigentümerin veräußerte das Grundstück während dem Bestand der Mietverträge an die Klägerin. Mit Übergabe wurden sämtliche Rechte und Pflichten aus den geschlossenen Mietverträgen von der Eigentümerin auf die Klägerin übertragen. Nach Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch zugunsten der Klägerin kündigte diese die Mietverhältnisse ordentlich und verlangt nun Räumung sowie Herausgabe der Mieträumlichkeiten.

§ 566 Abs. 1 BGB lautet:

(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

§ 566 Abs. 1 BGB setzt seinem Wortlaut voraus, dass Eigentümer und Vermieter personenidentisch sind. Personenidentität lag in diesem Fall nicht vor, so dass § 566 Abs. 1 BGB nicht unmittelbar anwendbar war.

Der BGH hat im Ergebnis die analoge Anwendbarkeit in diesem Fall bejaht. Der BGH hat dazu ausgeführt, dass § 566 Abs. 1 BGB dann analog anwendbar sei, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgt und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses habe. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Sonst könnte § 566 Abs. 1 BGB leicht dadurch umgangen werden können, dass einfach eine andere Person als der Eigentümer als Vermieter fungiert. § 566 BGB solle aber den Mieter gerade davor schützen.

Fazit:

Der BGH hat nun die analoge Anwendbarkeit von § 566 Abs. 1 BGB bejaht, wenn der Vermieter mit Zustimmung des Eigentümers und zudem in dessen alleinigem wirtschaftlichem Interesse handelt.

Anmerkung: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt auch keine individuelle Beratung durch einen Notar oder Anwalt im jeweiligen Einzelfall!