Vorkaufsrecht des Mieters

Über folgenden Fall aus dem Bereich Mietrecht (stark gekürzt) hatte der BGH zu entscheiden (vgl. BGH, Versäumnisurt. v. 06.04.2016 – VIII ZR 143/15):

Der Verkäufer teilte im September 2010 sein Mehrfamilienhaus in Wohnungseigentum nach § 8 WEG auf. Im November 2010 hat der Verkäufer mit dem Mieter einen Mietvertrag über eine Wohnung geschlossen. Am 15.12. hat der Verkäufer/Vermieter dem Mieter die Wohnungsschlüssel übergeben. Am 16.12. verkaufte der Vermieter die vermietete Wohnung an einen Käufer.

Eine Woche danach wurde die Teilungserklärung in das Grundbuch eingetragen. Zehn Monate später wurde der Käufer als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragen.

 

Welche Rechte gibt das Mietrecht in einem solchen Fall dem Mieter?

Es stellt sich die Frage, ob dem Mieter an der von ihm gemieteten Wohnung ein Vorkaufsrecht nach § 577 BGB hatte. Wäre dies der Fall könnte dem Mieter gegen seinen Vermieter evtl. Schadenersatzansprüche zustehen.

Der BGH hat in der o. g. Entscheidung (BGH, Versäumnisurt. v. 06.04.2016 – VIII ZR 143/15) diese Frage verneint. Ein Vorkaufsrecht stand dem Mieter nicht zu, so dass dieser auch keinen Schadenersatz nach § 280 Abs. 1 BGB geltend machen kann.

Denn ein Vorkaufsrecht des Mieters besteht nach § 577 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nur dann, wenn 1. nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und 2. nach diesem Zeitpunkt der notarielle Kaufvertrag über die Wohnung geschlossen wurde.

Im vorliegenden Fall wurde die Aufteilung in Wohnungseigentum jedoch erst nach Abschluss des Mietvertrages wirksam. Entscheidend sei der dingliche Vollzug. Die Beurkundung der Teilungserklärung vor dem Notar genüge nicht.

Zudem müsse der notarielle Kaufvertrag zeitlich nach der Begründung von Wohnungseigentum geschlossen worden sein, was vorliegend nicht der Fall war. Der Kaufvertrag wurde vor Vollzug der Teilungserklärung im Grundbuch beurkundet.

Auch seien nicht die Voraussetzungen des § 577 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB gegeben. Nach dieser Vorschrift besteht dann ein Mietervorkaufsrecht, wenn nach der Überlassung der Wohnung Wohnungseigentum begründet werden soll. Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter jedoch die Absicht, sein Mehrfamilienhaus in Wohnungen aufzuteilen, bereits vor der Vermietung der einen Wohnung gefasst. Mit der notariellen Teilungserklärung nach § 8 WEG habe der Vermieter bereits vor Abschluss des Mietvertrages hinreichend deutlich gemacht Wohnungseigentum zu begründen.

Fazit:

Die Entscheidung des BGH zeigt erneut, wie entscheidend der Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum für das Auslösen eines Mietervorkaufsrechts ist. Manchmal können allein wenige Tage entscheidend sein, ob der Vermieter bei einem Verkauf einer seiner Wohnungen zunächst vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags seinen Mieter fragen muss, ob dieser die Wohnung kaufen möchte oder nicht.

 

Anmerkung: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt auch keine individuelle Beratung durch einen Notar oder Anwalt im jeweiligen Einzelfall!