Rechtsprechung zum Erbschafts-Steuerrecht

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seinem Urteil vom  07.12.2016 (II R 21/14) über folgenden Sachverhalt (vereinfacht) zu entscheiden:

Der Erblasser (Vater) lebte mit seiner Ehefrau, die vorverstorben ist, im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach den Vorschriften der §§ 1371 ff. BGB. Als dessen Frau verstarb, schlug der Ehemann sein Erbe nach seiner Ehefrau aus. Den Pflichtteilsanspruch, welcher durch die Ausschlagung des Erbes dem Ehemann zugestanden hätte, machte dieser nicht geltend. Nun verstarb auch der Ehemann bzw. Vater des Sohnes. Der Sohn machte nun nach dem Tod seines Vaters den Pflichtteilsanspruch des Vaters gegenüber den Erben der Ehefrau des Vaters geltend. Die dreijährige Verjährungsfrist von 3 Jahren war noch nicht abgelaufen. Die vom BFH zu entscheidende Frage war nun, ob der Sohn auch den Pflichtteilsanspruch des Vaters, der durch den Tod des Vaters nach § 1922 Abs.  1 BGB auf den Sohn übergeleitet wurde, erbschaftssteuerlich zu versteuern hat.

Der BFH entschied, dass der Sohn den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch zu versteuern hat. Der Leitsatz des BFH lautete wörtlich wie folgt:

„Ein vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch gehört zum Nachlass und unterliegt beim Erben der Besteuerung aufgrund Erbanfalls. Auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Erben kommt es nicht an.“

Der BFH war somit der Ansicht, dass ein vom Pflichtteilsberechtigten nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch, der im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den Erben des Pflichtteilsberdchtigten übergegangen ist, von dem Erben voll versteuert werden muss, obgleich der Pflichtteilsanspruch vom Pflichtteilsberechtigten nicht geltend gemacht wurde. Auf die Geltendmachung des Anspruchs auf den Pflichtteil durch den Pflichtteilsberechtigten komme es nicht an. Für die Frage, welche Vermögenspositionen zum Erbe zu zählen seinen, sei allein die zivilrechtliche Lage entscheidend. Der Pflichtteil sei ein Geldanspruch. Dieser entstehe gem. § 2317 BGB bereits mit dem Todesfall des Ehefrau. Mit der Ausschlagung des Ehemannes (Vaters) habe der Pflichtteilsanspruch als Geldanspruch bereits zum Vermögen des Vaters gehört. Auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Vater als Pflichtteilsberechtigten komme es nicht an. Der Anspruch auf den Pflichtteil sei nach § 2317 Abs. 2 BGB vererblich und übertragbar. Mit dem Todes des Vaters als Pflichtteilsberechtigten sei dieser Anspruch auf den Sohn als Erben des Vaters übergegangen. Die Besteuerung des geerbten Anspruchs auf den Pflichtteil richte sich nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 ErbStG. Im Gegensatz zum „originären“ Pflichtteilsanspruch komme auf eine Geltendmachung durch den Vater für die Besteuerung beim Sohn nicht an. Dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 ErbStG lasse sich nicht entnehmen, dass eine Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Pflichtteilsberechtigten erforderlich sei.

Fazit:

Zu beachten ist, dass der Erbe des Pflichtteilsberechtigten die Steuer für den Pflichtteilsanspruch auch dann zahlen muss, wenn dieser den Pflichtteilsanspruch gar nicht geltend macht!

Anmerkung: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt auch keine individuelle Beratung durch einen Notar oder Anwalt im jeweiligen Einzelfall!