Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft
Dem vom BGH zu entscheidenden Fall aus dem Bereich „Wohnungseigentum“ (vgl. Urteil vom 24.07.2015, V ZR 275/14) lag folgender Sachverhalt zugrunde (stark vereinfacht):
Ein Bauträger verkaufte an den Ersterwerber eine Eigentumswohnung. Für den Ersterwerber wurde im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Der Besitz wurde übergeben. Danach veräußerte der Ersterwerber in einem separaten notariellen Vertrag die Wohnung an einen Zweiterwerber, bevor dieser als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war. Der Ersterwerber übergab den Besitz an der Wohnung an den Zweiterwerber. Der Übereignungsanspruch des Ersterwerbers, der durch die Erwerbsvormerkung im Grundbuch gesichert war, wurde an den Zweiterwerber abgetreten. Die Wohnungseigentumsgemeinschaft verlangte von dem Zweiterwerber rückständiges Hausgeld. Der Zweiterwerber war der Auffassung, dass nicht dieser, sondern der Ersterwerber in Anspruch genommen werden kann.
Wie hat der BGH entschieden?
Der BGH war der Auffassung, dass nur der Ersterwerber als Mitglied der Wohnungseigentumsgemeinschaft angesehen werden könne, auch wenn dieser niemals Eigentümer der Wohnung geworden ist. Der BGH unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Wohnungseigentumsgemeinschaften: Ist die Wohnungseigentumsgemeinschaft bereits vollständig und rechtlich in Vollzug gesetzt, hat der werdende Wohnungseigentümer einerseits die Möglichkeit Mitwirkungsrechte auszuüben; und andererseits hat er gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten zu tragen. Ist – wie hier vorliegend – die Wohnungseigentumsgemeinschaft noch nicht in Vollzug gesetzt (vom Bauträger noch zu errichtende Wohnungsanlage) so sei die vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes nicht gerechtfertigt. Der Ersterwerber (Zedent) bleibe auch dann Mitglied der Wohnungseigentumsgemeinschaft, wenn dieser die Wohnungseinheit unter Abtretung des durch Vormerkung gesicherten Übereignungsanspruchs und Besitzüberlassung veräußere. Der Erwerber (Zessionar) sei nicht als (werdender) Wohnungseigentümer anzusehen. Das gebiete bereits das Gebot der Rechtssicherheit. Denn für Außenstehende sei nicht erkennbar, dass der Übereignungsanspruch abgetreten und der Besitz an den Zessionar überlassen wurde. Der Zessionar habe keine gleichermaßen gesicherte Rechtsposition. Die Eintragung der Vormerkung für den Zessionar erfolge nur deklaratorisch.
Auswirkungen für die Praxis:
Erst- und Zweiterwerber müssten in Anbetracht der Rechtsprechung des BGH im notariellen Kaufvertrag sicherstellen, dass der Zweiterwerber sich in Form eines echten Vertrages zugunsten der Wohnungseigentumsgemeinschaft verpflichtet, die auf die verkaufte Wohnung anfallenden Kosten ab einem bestimmten Stichtag zu übernehmen. Ansonsten wäre der Ersterwerber gegenüber der Wohungseigentumsgemeinschaft zur Zahlung dieser Kosten verpflichtet und müsste sich diese wieder vom Zweiterwerber holen. Fraglich ist, ob durch ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) eine Anspruch des Ersterwerbers gegenüber dem Zweiterwerber auf Erstattung der Kosten hergeleitet werden kann. Oder muss – im Falle des Fehlens einer vertraglichen Regelung – der Ersterwerber alle Kosten bis zum Vollzug des Eigentums im Grundbuch zugunsten des Zweiterwerbers tragen. Um solche Unklarheiten zu vermeiden, sollte im Kaufvertrag eine klare Regelung aufgenommen werden.
Anmerkung: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt auch keine individuelle Beratung durch einen Notar oder Anwalt im jeweiligen Einzelfall!